Publik-Forum 13/2022
Mehr als Vater, Mutter, Kind
Familie hat sich längst gewandelt. Höchste Zeit, dass die Politik nachzieht
Liebe Leserin, lieber Leser,
als Kind lebte ich mit meiner alleinerziehenden Mutter zusammen, heute bin ich selbst allein- beziehungsweise getrennt erziehend. Und doch hat sich viel geändert. Alleinerziehend zu sein – zumindest in der Großstadt – ist kein Stigma mehr. Meine Siebenjährige musste sich noch nie für ihre vermeintlich unvollständige Familie rechtfertigen. Dennoch bedeutet es oft (aber nicht immer) ein Leben in Armut. Familie ist in den vergangenen Jahrzehnten vielfältiger geworden, neben dem klassischen Vater-Mutter-Kind-Modell gibt es Patchworkfamilien, eine wachsende Zahl gleichgeschlechtlicher Eltern und rund 1,6 Millionen Alleinerziehende in Deutschland.
Für diese Familien will die Ampelkoalition verstärkt etwas tun. Sie hat angekündigt, den Familienbegriff neu zu definieren. Wie das gelingen kann und was sich konkret ändern soll, erörtere ich in der Titelgeschichte »Mehr als Vater, Mutter, Kind« auf Seite 12. Ergänzt wird die Titelgeschichte um den Bericht einer alleinerziehenden Mutter, die mit ihren Kindern in einem Gemeinschaftswohnprojekt lebt (Seite 16). Außerdem um ein Interview mit dem Arche-Gründer Pastor Bernd Siggelkow über bedürftige Kinder und wie die Politik ihnen begegnen sollte (Seite 17). In »Die Rückkehr der heiligen Mutter« beleuchtet der evangelische Theologe Klaas Huizing, wie aktuelle Krisen überholt geglaubten Frauenbildern zu einem Revival verhelfen (Seite 18).
Zur diverser werdenden Gesellschaft gehört auch die Debatte über ein individuell bestimmtes Lebensende. In dem Streitgespräch »Wie geht das – gut sterben?«, das meine Kollegen Michael Schrom und Matthias Drobinski geführt haben, lesen Sie, wie unterschiedlich die katholische Seelsorgerin Anne Gessler und die evangelische Theologin Susanne Breit-Keßler auf das Thema aktive Sterbehilfe blicken (Seite 26). Und um einen neuen Blick auf die Welt der Kunst, nämlich die Perspektive des Globalen Südens, geht es in »Friede dem Wellblech, Krieg den Kuratoren« (Seite 48). Meine Kollegin Anne Strotmann berichtet von der Documenta, hinterfragt, wie es zu dem Antisemitismusskandal kommen konnte – und erläutert, warum sich ein Besuch trotzdem lohnt.
Eine den Horizont erweiternde Lektüre wünscht Ihnen
Nana Gerritzen
Verlag: Publik-Forum; 64 Seiten
Bestellnummer: 4313