Publik-Forum print 17/2025
Reich, rechts, katholisch
Wie reaktionäre Netzwerke die Demokratie zerstören
Liebe Leserin, lieber Leser,
Albert Schweitzer, der Arzt in Lambarene, der Organist und Bach-Biograf – er konnte keiner Fliege was zuleide tun. Das darf man wörtlich nehmen. Seine »Ehrfurcht vor dem Leben« galt der gesamten Natur. Aber warum zog er dann mit der Flinte ums Haus, um Vögel abzuknallen? Spannend zeichnet die Tierethikerin Hilal Sezgin den Weg Schweitzers von einer fast banalen Bio-Ethik zu einer hochdifferenzierten Position gegenüber »dem« Leben als solchem nach – die eigene Fehlbarkeit (bei Augustinus: das »Nicht nicht-sündigen Können«) selbstkritisch mitbedenkend (Seite 44).
»Lebensschutz«, allerdings in penetrant rechthaberischer Weise, haben sich reaktionäre politische Kräfte auf ihre Fahnen geschrieben. Das sind nicht nur militante Abtreibungsgegner. Sie reißen die liberale Demokratie ein. Hille Haker erlebt als Ethik-Professorin in Chicago mit, was in den USA derzeit geschieht – und sie spürt der fatalen Rolle nach, die ultrakonservativ-katholische Netzwerke mit ihrer immensen Finanzkraft dabei spielen (Seite 12). Dass unser Weg bei diesem Thema über den »amerikanischen« Papst in Rom in den ach so beschaulichen Wienerwald führt (Seite 17), ist kein Zufall. Und gleich hinter der Grenze beginnt auch noch Viktor Orbáns Ungarn (Seite 28).
Nein, auch wenn der Herbst naht und ich beim Frühstücken feststelle, wie duster es morgens schon wieder sein kann: Wir haben auch Helleres für Sie in dieses Heft gepackt. Da ist die Reportage von Jan Rübel und Sascha Montag darüber, wie Obdachlose ihre Interessen selbst vertreten wollen (Seite 22), oder die Geschichte von Manuela Federl (Seite 50) über eine Integrationsgärtnerei im Allgäu, die Menschen mit Handicap einen weiten Horizont eröffnet und unversehens auch die Reporterin integriert hat.
Und dann ist da noch – wenn ich schon mit einem musikalischen Menschen angefangen habe – der wunderbare Yo-Yo Ma, der mit seinem Cello Welt und Menschen zu verzaubern in der Lage ist. Er hat passenderweise in Osnabrück gespielt, wo 1648, nach 30 Jahren Krieg, der Westfälische Frieden geschlossen worden ist (Seite 53).
Friedliche Tage wünsche ich Ihnen auch. Dazu gute Lektüre mit Publik-Forum und schöne Musik!
Verlag: Publik-Forum
Bestellnummer: 20037