Bruder Fluss, Schwester Kuh
Publik-Forum print 2/2025

Bruder Fluss, Schwester Kuh

Warum wir uns von einer menschenzentrierten Weltsicht verabschieden müssen

Liebe Leserin, lieber Leser,

wir sind Menschen und nehmen die Welt um uns herum notwendigerweise aus der Perspektive von Menschen wahr. Aber das heißt nicht, dass den Menschen die Welt zur freien Verfügung steht, ja, um unseretwillen geschaffen worden ist, wie es die Lehre der katholischen Kirche noch lange behauptet hat. Vielmehr käme es heute darauf an, den lauten oder leisen Stimmen anderer Lebewesen – Tiere und Pflanzen – aber auch ganzer Ökosysteme wie der Nordsee zuzuhören und ihre Perspektive auf das Leben wahrzunehmen. Dann finden wir eine reiche Welt neben uns, die verbunden ist mit uns durch Bewusstsein und Lebenswillen. Diesen Anstoß habe ich mitgenommen aus dem Titel-Interview, das Michael Schrom und ich mit der Theologin Julia Enxing und dem Religionswissenschaftler Kocku von Stuckrad an der Ruhr-Universität in Bochum geführt haben (Seite 12).

Das genauere Wahrnehmen braucht Zeit und Ruhe, Verlangsamung, die Bereitschaft, lieber weniger als mehr in unsere Mitwelt zu intervenieren. Einen Gedanken, den auch die Alttestamentlerin Dorothea Erbele-Küster aufgreift, die in dieser Ausgabe den biblischen Schöpfungsauftrag an den Menschen auslegt (Seite 38).

Am 27. Januar ist der Holocaust-Gedenktag. Es gibt nur noch wenige Überlebende, die den Grauen der Konzentrationslager entkommen sind. Unser Autor Norbert Reck, hat in den 1980er Jahren in seiner Arbeit in der Gedenkstätte Dachau noch viele kennengelernt. Die Lektion, die er von ihnen gelernt hat, gibt er weiter: Schuld habe nicht ein Volk, sondern konkrete Menschen, deren Schuld zu ahnden man in den Jahren nach dem Krieg versäumt habe. Die Rede von der Kollektivschuld verdecke dagegen die mutigen Taten weniger Einzelner. Und überhöre das Zeugnis der Überlebenden, ihren Widerstand und Mut, um Mensch zu bleiben. An diesen zu erinnern sei heute notwendig (Seite 32).

Auf den Seiten 42 und 43 finden Sie wieder, wie in jedem zweiten Heft, die Schweiz-Seiten, die aufbruch-Redakteur Wolf Südbeck-Baur zusammenstellt: Diesmal ein Interview mit Rifa’at Lenzin zu Islamfeindlichkeit in der Schweiz.

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre

Christoph Fleischmann

Verlag: Publik-Forum ; 64 Seiten
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